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Über
meine Arbeit
Der Mensch
Im Portrait will ich dem Wesen des Dargestellten Ausdruck geben. Unter
den vielen Aspekten, unter denen man das Menschenbild sehen kann und die
der heutigen Situation des Menschen gerecht werden können, erscheint
es mir erstrebenswert, seelische und geistige Werke, und die Relation
aufzuzeigen, in der er zu seiner Umwelt steht. Das
milieubetonte, konventionelle Erscheinungsbild genügt nicht, das
wahre Wesen eines Menschen zum Ausdruck zu bringen. Die Bildnismalerei
ist ja in erster Linie eine geistige Tätigkeit. Sie behandelt ein
geistig-seelisches Thema und verbindet über die Information hinaus
Erscheinung und Innenbild zu einer neuen Wesenseinheit. Ein Portrait ist
daher nur dann gut, wenn es gelingt, die private menschliche Situation
in eine allgemeine umzuformen und aufzuzeigen, wo der dargestellte Mensch
Zugang zum Universellen hat. Beschaulichkeit, Anekdotisches oder eine
milieuhafte Situation sind für mich nur von fragmentarischer Wirklichkeit.
Es ist mein Wunsch, über das Augenblicksbild des Dargestellten hinauszugelangen.
Das innere Bild muss über das äußere hinauswachsen. In
Aufmerksamkeit und Gelassenheit, in einer Malweise, die den zu vermittelnden
Inhalt verinnerlicht, ja überhöht, in der Setzung sinnvoller
Kompositionsakzente, in einer erstrebten äußersten Prägnanz
der Umschreibung sehe ich meine Aufgabe, das Portrait nicht sosehr als
Produkt einer Empfindung sinnlicher Wahrnehmung, sondern vielmehr als
eine Definition herauszuarbeiten. Das Bild als Komposition wird in eine
abstrakte Formordnung gebracht, die räumliche Wirkung zugunsten flächiger
Bezüge reduziert. Das Licht ist nicht Beleuchtung, sondern „vergeistigtes"
Licht. Die Farbe begleitet die Zeichnung, die immer die Akzente setzt.
Der Meinung, dass bei der Darstellung des Menschen heute nur Problematik
einen speziellen Zeitausdruck verbürgt - eine Meinung, die diktatorisch
nur Zwangsvorstellungen und schockierende Behauptungen gelten lassen will
-, dieser Meinung, dieser Einschüchterung, mochte ich bewusst mit
meiner Arbeit entgegentreten und für mich versuchen, unvergängliche
menschliche Werte nicht nur als Möglichkeit, sondern als Wahrheit
im Bild vom Menschen festzuhalten. Allein schon die reiche Vielfalt menschlicher
Physiognomien, diese, des Wunderns und Staunens werte Vielfalt des Erscheinungsbildes,
rechtfertigt die Aufzeichnung und fordert Ergründung und Deutung.
Sicher gibt es keine allgemeinen Prinzipien, von denen her der Mensch
gesehen und beurteilt werden konnte. Sicher sind im Menschen die gegensätzlichsten
Kräfte am Werk und sicher wäre eine schwärmerische Idealisierung
verfehlt. Aber das Verlangen nach äußerer und innerer Schönheit
und Haltung ist nicht bloße Schöngeisterei oder gar beruhigende
Lebenslüge. Und vielleicht bedarf der Mensch besonders heute einer
Gesinnung, die eine Neubewertung, eine Widerfindung möglich macht.
Ebenso bedarf es einer Neubewertung der Tradition, die Vergangenheit in
Gegenwart einschließt. Dem Künstler obliegt es, den komplementären
Kräften und den Möglichkeiten, die in der Menschennatur vereint
sein können, nachzuspüren. Seine Absicht und sein formender
Wille müssen den Sinneneindruck und die Wirklichkeitsform aus innerer
Wahrnehmung heraus neu erstehen lassen. Er muss ihr in neuen Zusammenhängen
Gestalt geben können und sie - im Bilde würdigend, ja gefeiert
wie ein Geschenk — anderen vor Augen bringen. Ist es nicht rühmenswert,
im menschlichen Antlitz die Spuren des Weges zu zeigen, eines Weges, der
für jeden ein Hinausschreiten über gestellte Bedingungen bedeutet,
durch Selbstverwirklichung in der Erfüllung eines inneren Gesetzes?
Es gilt noch immer und immer wieder, menschlichere Machte den furchtbaren
Mächten der Selbstdeprimierung und des technokratischen Denkens entgegenzusetzen.
Fehlende Wunschvorstellungen, schwankende Leitbilder im so rasch wechselnden
Zeitgeist, gepaart mit Vorurteilslosigkeit gegenüber einander sich
ausschließenden Gegensätzen, beschworen Passivität und
die Verneinung herauf. Der Mensch, dem sein Erscheinungsbild nichts mehr
bedeutet, der wird an sich selbst vorübergehen und er wird sein Weltbild
nicht erneuern können. Aber gerade heute erweist sich nur tiefste
Menschlichkeit als Größe. Jenseits von Thesen und Antithesen
bleibt die Malerei eine Sprache von Mensch zu Mensch. Es ist die Sprache
der Poesie, die überzeugen kann, aber nicht überreden will.
Oder kann denn heute nur Herausforderung zur Anteilnahme zwingen? Soll
Problematik oder die Übereinstimmung mit der unmittelbaren Gegenwart
- mit dem Zeitgemäßen also - entscheidend für den Rang
eines Kunstwerkes sein? Aktualität verbürgt noch lange nicht
den Wahrheits- oder Wirklichkeitsgehalt eines Werkes! Nicht zur Zeit des
Entstehens und auch nicht später - nie lässt sich der Rang eines
Kunstwerkes allein nach dessen Aktualität werten. Die Zeitlosigkeit
echter künstlerischer Aussage ist aber in einem anderen Sinne lebendig
und bedarf keiner provozierenden Absicht, ihren Rang zu erweisen. Die
Werke vergangener Kunstepochen sind in ihrer geistigen Gegenwart eine
überzeitliche Gegenwart - in ihrer Unabhängigkeit von der Zeit
also — sogar Zeitüberlegenheit. Es kann nicht der höchste
Anspruch der Kunst sein, mit der Zeit, mit der Gegenwart überein
zustimmen.
Die
Landschaft
Mein Glaube an unveränderliche Gegebenheiten des menschlichen Wesens
bestimmt meine Beschäftigung mit der Natur, mit der Landschaft. Es
ist nicht die Unbegrenztheit einer unberührten Landschaft, die mich
zur Darstellung zwingt. Es ist die mir nahe Umwelt, es ist die Beziehung
zu ihr, die ich zu schildern versuche. Es ist die Welt, die ich gleichsam
aus dem Fenster blickend betrachte, die ich als Spaziergänger erlebe.
In Baumgruppen, Häusern, in Gärten suche ich nicht die romantische
Idylle, nicht das malerische Objekt. Ich suche Dingen habhaft zu werden,
indem ich meine seelische Beziehung zu ihnen realisieren will. Der Mensch
ist in die Landschaft nicht nur einbezogen, er ist unlöslicher Teil
der Gesamtkomposition. Und so soll auch der Betrachter in das Bild einbezogen
werden. Er soll sehen, erleben und auf die Zeit vergessen können.
Blätter,
Blüten, Blumen
Das Stillleben hat sich in seiner überkommenen Form immer wieder
und durch viele Zeiten hindurch und in allen Stilrichtungen als ein eminent
künstlerisches Thema erwiesen, in dem nicht nur malerisches Können,
Kunstfreudigkeit, Ästhetik oder Liebhaberei am bescheidensten Motiv
sich selbst allein interessant war, sondern das auch weit darüber
und aus aller Beiläufigkeit heraus — eine durchaus verzauberte
Welt der Sinne und des Gemüts entstehen ließ. Mein Wunsch ist
es, diese Welt des Unbeseelten, diese geliebte Dingwelt - wie eine Gabe,
wie ein Geschenk dem Betrachter vor Augen zu führen – und so
eine andere Beziehung zwischen ihm und dem geschauten Ding entstehen zu
lassen. Durch eine erdachte Gegenüberstellung und durch formale Bezüge
soll - bei schönster Gegenwärtigkeit - eine symbolische Anspielung
versucht sein, die das Motiv vom Milieu weg in eine andere Dimension bringen
könnte, in der Absicht, die glückhafte Freude zu vermitteln,
die ich dank barst selber dabei erleben darf. Dieses Bekenntnis vom Sinn
meiner Arbeit und diese Gedanken über mein künstlerisches Suchen
mochte ich nicht ohne Dank beenden: Es ist der Dank an meinen Lehrer Karl
Sterrer, der mich wahrend meines Studiums an der Akademie der bildenden
Künste in Wien auf die wesentlichen Fundamente einer künstlerischen
Gestaltung und auf eine ihr notwendig zugrunde liegende geistige Auffassung
verwies. Er bestärkte mich, einen Weg der inneren Gewissheit zu suchen
und meine Fähigkeiten nach eigenem Willen zu entwickeln. Und noch
ein Dank: für die lebenslange Freundschaft, die mich mit dem verstorbenen
Maier Rudolf Heinz Keppel verbunden hat. Unser beider künstlerischer
Werdegang war von unserer Freundschaft getragen und geprägt. lm Suchen
nach dem jeweils eigenen Wesensausdruck war jeder des anderen strengster
Kritiker, das aber nicht mit vor gefassten Meinungen und nicht in eigenen
Zielen befangen, sondern stets im Vergleich mit einem Werk, das am bezeichnendsten
ein Äußerstes seiner oder meiner Leistung erwarten ließ.
Einig in den grundsätzlichsten Fragen und Anschauungen, begeistert
und beflügelt durch die Betrachtung großer Kunstleistungen,
haben wir einander unsere Arbeit abverlangt. Wir haben es dabei vermieden,
aufeinander Einfluss zu nehmen und haben immer die Eigenart des anderen
bedingungslos respektiert und bejaht. Ich danke meinem Weggefährten
im Leben und in der Kunst. Für das Zustandekommen dieses Oeuvre-Kataloges
danke ich dem Bundesministerium für Unterricht und Kunst und der
Kulturabteilung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung.
Herbert
Stepan
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