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Herbert
Stepan
Einführende
Worte zur Ausstellung
Margarethe
WINTER
Im
Bezirksmuseum Döbling, Wien 14.1.-5.2.1984
Frau
Margarethe WINTER hat mich ersucht, anlässlich dieser Ausstellung
über ihre Arbeiten zu sprechen.
Es ist mir eine Freude und Ehre, diese Aufgabe zu übernehmen.
Lassen
Sie mich zuerst kurz den künstlerischen Werdegang Frau WINTER´s
schildern.
In der Volkshochschule im 9. Bezirk erhielt sie in den Jahren 1937-39
die ersten Anregungen. Sie hatte das Glück in Prof. Rudolf Keppel
den Lehrer zu finden, der es verstand, das ihr Wesensgemäße
gleichsam hervorzulocken und es ihr deutlich zu machen. Nicht alleine
Training und Fleiß hat er gefördert. Er verlangte und erwartete
die stärkst innere Anteilnahme bei der Arbeit. Und er stimmte nur
dem zu, er ließ nur dann eine Arbeit gelten, wenn innere Anteilnahme
spürbar war.
Das war und blieb richtungweisend auch für das Studium an der Akademie
der bildenden Künste in Wien. Frau WINTER hat im Krieg die Aufnahmeprüfung
bei Prof. Sterrer bestanden, durfte aber erst nach dem Krieg das Studium
bei Prof. Martin beginnen. Sie musste ihren Lebensunterhalt als Sekretärin
bestreiten. Im Jahre 1950 beschloss sie ihr Studium mit dem Diplom der
Meisterklasse.
Diese
Ausstellung, die Dank der Kunstfreudigkeit und der Patronanz des Herrn
Bezirksvorstehers zusammengetragen ist, gibt einen schönen Ausschnitt,
eine aufschlussreichen Einblick in das Schaffen Frau WINTER´s.
Nun bin ich zwar der Meinung, dass diese Bilder, diese Aquarelle, Zeichnungen,
Druckgraphiken und Kompositionen eindeutig für sich selbst sprechen
und keiner Erklärung bedürfen. Lassen Sie mich aber doch einige
Hinweise geben.
Ich will weder prüfen, noch beurteilen, noch kritisieren. Ich betrachte
es als meine Aufgabe, zu versuchen, das Erlebnis zu vermitteln, das ich
vor den Bildern Frau WINTER´s habe.
Ich bin Publikum wie Sie alle. Ich denke, dass zuerst ein unvoreingenommenes
Kennen lernen, ohne vor gefasste Meinung Voraussetzung jeder Bildbetrachtung
sein sollte.
Mit diesem Kennen lernen wird es möglich, zu sagen, was für
Empfindungen das gesehene Bild in mir zu wecken imstande
ist.
Die Frage, was wird dargestellt, ist bei den Arbeiten Frau
WINTER´s leicht zu beantworten. Sie ist ja mit ihren Bildern weit
weg von jener Selbstherrlichkeit der Kunst, wie sie die Moderne heut so
überwiegend zeigt. Frau WINTER hat außerhalb des Spannungsfeldes
extremer Kunstauffassungen ihren unverwechselbar eigenen Stil entwickelt
und erreicht.
Sie hat ihrer Natur und ihrer Begabung vertraut und hat in diesem Vertrauen
gelebt und gearbeitet. Sie hat ihre Wahrnehmung der Welt in Bildern festgehalten
und ihrer Empfindungs- und Gefühlswelt Farbe und Gestalt gegeben.
Ihre Bilder weisen auf die Erlebniskraft des Menschen hin.
Ihre Malerei ist weit entfernt vom bloßen “Abschreiben der
Natur”. Die Bilder sind keineswegs Wiedergabe eines optischen Eindrucks,
sondern malerische Auseinandersetzungen mit Gesehenem und immer Gestaltung
eines Erlebnisses.
Sie schafft eine neue Wirklichkeit.
Ob es die geliebte nähere Umgebung Wiens ist, der Kahlenberg, die
Weinberge, ob es die Berglandschaft ist oder das oft und oft aufgesuchte
und ersehnte Reiseziel Capri, niemals bleibt es bei der Wiedergabe des
Motivs oder der Stimmung.
Wenn man nach dem Erlebnisgrund fragt, so ist es die Poesie. Die Poesie
ist das wichtigste Element ihrer Wirklichkeit. Es sind Bilder die von
inneren Seelenkräften wachgerufen sind. Und es ist die Poesie die
eine Wirklichkeit in Wahrheit verwandelt.
So
ist es auch bei den sensiblen Aktzeichnungen, bei den einfühlsamen
Portraitzeichnungen.Ein starkes Erlebnis wird zu einem Bekenntnis. Und
Konzentration macht Erlebtes nacherlebbar.
Ein
dritter Aspekt im Schaffen Frau WINTER´s sind ihre Kompositionen.
In ihnen spricht ein Ausdrucksbedürfnis, das sich durch nichts ablenken
lässt.
Fast wie in Träumen wird hier ein Betroffensein sichtbar. Das Schreckliche,
das Bizarre, ja Groteske und Unheimliche in Legenden, Märchen und
Erzählungen ist nicht nur nachempfunden. Schattenseitiges und Abgründiges
erzeugt eine Spannung, die formal im Rhythmus der Strichführung und
in kontrastreicher Koloristik zum Ausdruck kommt und dem Inhaltlichen
voll gerecht wird.
Zusammenfassend
möchte ich sagen:
Die gesehene Landschaft ist durch seelische Gestimmtheit verwandelt. Das
Imaginative sensibel zum Ausdruck gebracht.
Das Bewusstmachen ist und bleibt ja die wunderbare Aufgabe der Kunst.
Die Bilder mahnen also zum richtigen Leben.
Ich
wünsche Ihnen, verehrte Damen und Herren viel Freude beim Betrachten
der Bilder.
Und Frau Margarethe WINTER wünsche ich weiterhin viel Erfolg bei
der Arbeit und auch mit dieser Ausstellung.
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