Eröffnungsrede - Herbert Stepan - H. Potuznik

Zurück zu den Eröffnungsreden von Herbert Stepan

 

Herbert Stepan

Einführende Worte zur Ausstellung

Heribert POTUZNIK

In Grossnondorf 8.12.1973

Zwei Wege, zwei Willensrichtungen kennzeichnen das Werk des Malers Heribert POTUZNIK.
Einmal ist es die stille Einkehr vor einem geschauten Motiv, ist es das Erlebnis vor der Natur in seiner ganzen Unmittelbarkeit, das mit entschiedenem Wirklichkeitssinn gestaltet wird.
Zum anderen ist es das Verlangen, maltechnische und formale Erkenntnisse, seelische Erlebnisse in eine gleichnishafte Bildsprache umzusetzen, um so in eine Geistigkeit vorzustoßen, die eine neue Bildwirklichkeit meint und ein inneres Weltbild vermitteln soll.
Einmal also beschäftigt den Maler der Eindruck von außen, er gibt das Abbild der Natur ganz unproblematisch, aber in stark persönlicher Haltung und dem Einfachen zugeneigt.
Das andere Mal soll der Ausdruck von innen ein Wesensbild finden helfen, das mit ganz einfachen Darstellungselementen das Erscheinungsbild bewusst reduziert und so das Vorstellungsbild eines inneren Erlebnisses verwirklichen soll.
Beide Leitgedanken, die Veranschaulichung des Gesehenen und die Veranschaulichung des Unanschaulichen sind zutiefst in POTUZNIK´s Wesen verankert und es ist nicht so, dass diese beiden Weltbilder zu einem Zwiespalt führen würden, nein, sie bedingen einander und ergänzen einander sogar. Seine Stellung zur Welt erscheint in beiden Fällen konfliktlos, sie ist frei von Gesellschaftskritik. Weder bejahend noch verneinend steht POTUZNIK überhaupt mehr betrachtend der Welt gegenüber, auch wenn er den Ausdruck expressiv übersteigert.
Vom Motivlichen her ist der Kreis seiner Themen recht groß und diese Themen zeigen den Menschen wohl in allerlei Vielfalt, immer aber in schöner Direktheit auf eine eindeutige Charakterisierung zielend.
POTUZNIK´s expressiver Weg ist der tagesnähere - eben durch seine künstlerische Aktualität - dies sei ohne Wertung in Bezug auf seinen anderen Weg gesagt. Seine freien Bildwirklichkeiten, seine Bild-Erfindungen, aus Sehen und Erinnern gleichermaßen gespeist, sind mit ihrer kolonistisch-dekorativen Formulierung eigengesetzliche Kunstprodukte. Fern einer traditionellen naturgesetzlichen Ordnung, fern einem visuellen Zusammenhang, fern also aller räumlichen Gegenständlichkeit, wird mit einer flächigen und farbigen Architektur des Bildes eine neue Realität geschaffen. Erfüllt von kubistischen Gedankengut, entspricht es seinen seelischen Zielsetzungen, die Farbe als Bauelement des Bildes zu verwenden. Die Farben - als kräftige Lokalfarben, meist im Drei- oder Vierklang gegeben, ebenso Konstruktionselement wie die trennenden oder verbindenden Flächen - bauen neue Bildgegenstände, die kubistisch zusammengeschlossen, wohl durchaus gegenständlich, eine freie Variation der Wirklichkeit ergeben. Das Objekt, ein Kopf, eine Figur ist Ding unter Dingen und ist durch die erwähnte Bildsprache geeignet, seelische Erlebnisse eher gleichnishaft, nicht aber illusionistisch zu vermitteln.
Die Flächengliederung vollzieht sich in völliger Freizügigkeit. Sie verzichtet meist auf perspektivische Andeutungen und die Reduzierung der natürlichen Form lässt ein einfallsreiches Komponieren zu.
POTUZNIK konzentriert seine figuralen Kompositionen zu großer Geschlossenheit. Er bleibt auch in diesen Bildern einem Naturerleben verhaftet, das als romantisches Lebensgefühl in moderner Vergeistigung erscheint und einen Kunstwillen zeigt der nicht beschreibt und schildert, sondern erklären will.
Stärker als die Erscheinung, stärker als der Natureindruck ist hier also die persönliche Empfindung. Ihr wird alles untergeordnet. Die Formen werden nicht vom gesehenen Objekt gewonnen, sie werden aus der Phantasie geschaffen. Sie sind gleichsam summarisch zusammengefasst, sie stehen in einem irrealen Bildraum und werden so zu einer Ausdruckseinheit.
Dieser Stilwille führt vom Augenscheinlichen zum Wesensbild. POTUZNIK ist in diesem Teil seines Schaffens von den Problemen immer neu zu gestaltender Ausdrucksformen fasziniert. Die Aussageform ist das Ergebnis einer künstlerischen Bestrebung, seelische Erlebnisse in eine kubistisch-expressive Formsprache zu transponieren.
Seine Figuren kennzeichnet im Allgemeinen eine gewisse Existenzverlorenheit, sie sind oft von einer Traurigkeit geprägt, die die kontaktlose Vereinzelung des heutigen Menschen deutlich macht.
Gelassen und gelöster, sehr dem schlichten Erleben und dem einfachen Wirken der Natur zugetan und aufgeschlossen für das organische Werden und Vergehen, berühren seine Landschaftsbilder aus eben den genannten Gründen das Gemüt des Betrachters. Es sind Veranschaulichungen der schlichten Freude am Geschauten. Es sind Bilder von Begegnungen einfachster Art, mit Häusern, mit Bäumen, mit anonymen Menschen als Teil der Landschaft. Es sind Auseinandersetzungen mit der Natur, mit einfachsten, fast unbedeutenden Motiven, die durch des Künstlers Phantasie zu überraschenden Wirkungen kommen.
Aber auch hier ist die Naturbeschreibung geprägt von der Persönlichkeit eines Mannes, dem immer eine seelische Gestimmtheit die primäre Voraussetzung für alles Schaffen bedeutet. Der Maler POTUZNIK lebt mit und in seiner Arbeit.

In Wien ist er sehr gut bekannt und geschätzt - POTUZNIK ist langjähriges Mitglied des Wiener Künstlerhauses - und so freue ich mich ganz besonders, feststellen zu können, dass sein Werk auch hier volle Anerkennung und Beliebtheit findet.
Gute Wünsche für seine Ausstellung.

 
Zurück zu den Eröffnungsreden von Herbert Stepan